In Spaces of Resonance II entfaltet sich Julia Brennachers Malerei als räumlich-sinnliche Erfahrung: Die Ausstellung wird zur Komposition aus Bild, Farbe und Architektur, in der sich das Werk nicht nur zeigt, sondern den Raum selbst in ein Bild verwandelt. Der Titel verweist auf ein zentrales Prinzip von Brennachers Arbeit: das Resonieren – als formale, farbliche und atmosphärische Wechselwirkung zwischen den einzelnen Arbeiten, den Wandmalereien und dem Raum, in dem sie sich befinden.
Die Ausstellung im Schaulager der Galerie Suppan – einer ehemaligen Druckerei – greift die Geschichte des Orts als Stätte der materiellen Produktion auf, ohne sie zu illustrieren. Stattdessen antwortet Brennacher mit malerischen Mitteln auf die spezifische Raumsituation. Die Wand wird nicht länger als neutrale Projektionsfläche verstanden, sondern wird selbst zum Träger und Akteur der Malerei: temporäre Wandbilder strukturieren die Architektur, greifen Formen und Farben der Leinwände auf und erweitern die Malerei in den Raum hinein. Es entsteht eine fließende Korrespondenz zwischen Bildfläche und Raumvolumen – zwischen dem Innen des Bildes und dem Außen seiner Präsentation.
In dieser dialogischen Anlage zeigt sich ein fundamentales Anliegen von Brennachers Arbeit: Malerei wird hier nicht allein als autonomes Objekt, sondern als relationales Gefüge verstanden. Die geometrisch-abstrakten Formen – Kreissegmente, Kurven, Bögen – wirken wie visuelle Vokabeln, die sich im Raum wiederholen, transformieren, überlagern. Ihre reduzierte Formensprache verweist zugleich auf Systematik und Intuition: viele der Formen entstehen aus freier Hand, zeigen Spuren des Malprozesses, kleine Unregelmäßigkeiten, die der scheinbaren Strenge der Komposition eine taktile, fast körperliche Präsenz verleihen.
Auch die Farbe hat in Brennachers Werk eine eigene Materialität. Ölfarbe und Acryl begegnen einander in subtilen Schichtungen („Layering“) und erzeugen Spannungen zwischen Opazität und Transparenz, Pastell und Neon, Haptik und Glätte. Farbe wird nicht nur als Mittel der Komposition, sondern als sinnlich-physisches Ereignis behandelt – ein Körper, der mit anderen Körpern in Beziehung tritt.
Das Verhältnis zwischen den einzelnen Arbeiten – insbesondere den kleinformatigen Werkgruppen – ist dabei ebenso entscheidend wie ihr Bezug zum Raum: In ihrer seriellen Hängung entfalten sich diese Werke als Ensemble. Der Rhythmus ihrer Setzung folgt keiner strikten Ordnung, sondern lässt Raum für Irritation, Übersetzung und Resonanz. Die Ausstellung liest sich damit wie ein Text aus visuellen Zeichen, der in seinem Aufbau an Sprache, Musik oder Choreografie erinnert: Einzelne Elemente – Bilder, Farben, Formen – treten in Resonanz, ordnen sich zu Sequenzen, bilden Übergänge und Gegensätze.
Im Schaulager wird dieser malerische Kosmos mit den industriellen Spuren des ehemaligen Druckereiraums kurzgeschlossen. Die Ausstellung nimmt damit nicht nur Bezug auf die Geschichte des Ortes, sondern auch auf eine weiterreichende Hinterfragung des White Cube: Der Raum wird nicht neutralisiert, sondern aktiviert, nicht entleert, sondern aufgeladen – mit Farbe, Form, Erinnerung und Bewegung. Spaces of Resonance II ist somit auch eine Untersuchung des Verhältnisses von Malerei und Raum, von Bild und Kontext, von Material und Wahrnehmung – und zugleich eine Einladung, sich durch diese Zwischenräume hindurch zu bewegen und diese sinnlich zu erfahren.
Text: Lena Ganahl